Thursday 20. September 2018

Von Wackersdorf bis Hambach: Wie die Politik die Demokratie beschädigt

Ironie des Schicksals: Ausgerechnet in der Woche, in der im Hambacher Forst Menschen von Bäumen heruntergezerrt werden und wie in Guantanamo gefesselt am Boden knien müssen, läuft in den Kinos der Film „Wackersdorf“ an.

Wackersdorf: Für viele nachhaltig Denkende war der Kampf um die Wiederaufbereitungsanlage zwischen 1985 und 1989 der Beginn ihrer politischen Sozialisierung.

https://de.wikipedia.org/wiki/Wiederaufarbeitungsanlage_Wackersdorf

Der Name des Orts im Oberpfälzer Landkreis Schwandorf steht symbolisch für den Aufbruch der Umweltbewegung. Auch die „Bündnis 90/Grüne“-Partei sieht ihre Wurzeln unter anderem im Auflehnen der Bevölkerung gegen die WAA. Beides ist sogar in großer Form im „Haus der Geschichte“ in Bonn dokumentiert.

https://www.hdg.de/fileadmin/user_upload/Fear_2014-02-0091.kl_Test_klein.jpg

Wackersdorf ist auch das Sinnbild für eine Art von Demokratisierung, die sich die damaligen Staatsparteien CSU (Bayern) und SPD (Nordrhein-Westfalen) nicht hatten vorstellen können: Die Menschen wandten sich nach und nach ab von solchen „Volksparteien“. Auch deshalb regiert in NRW gerade eine Tigerenten-Koalition (CDU und FDP). Und in Bayern steht die CSU aktuell wohl vor dem größten Wahldesaster ihrer Geschichte, glaubt man den Forscher-Prognosen für die Landtags-Abstimmung am 14. Oktober.

Politikverdrossenheit ist in der Bevölkerung für jeden spürbar, der oder die nur mit offenen Augen und Ohren durch Dörfer und Städte läuft; ohne Scheuklappen auf Sozialmedien oder Medien-Webseiten blickt. Diese Stimmung nutzen Radikalkräfte wie Pegida seit Jahren aus, und mit der Parole „Wir sind das Volk“ schrecken sie die Regierungen in Bund und Ländern auf. Langsam muss man diesen Spruch sogar glauben. Denn nach aktuellen Umfragen plant gerade im Osten Deutschlands fast ein Drittel der Menschen, bei der nächsten Wahl der AfD ihre Stimme zu geben. Einer Partei, die keine wirklichen Alternativen zu bieten hat. Nein, sie stellt sogar eine Rückwärtsgekehrtheit zur Schau, die in den Köpfen Vieler das Gedankengut aus längst vergangen geglaubter „1000“ Nazi-Jahre wieder aufleben lässt.

Genau in dieser gefährlichen Zeit will ein Bundesumweltminister Peter Altmaier den an vielen Ecken und Enden Deutschlands bekämpften Strom-Übertragungsnetzausbau „beschleunigen“.

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2018/20180814-altmaier-mit-dem-aktionsplan-stromnetz-fuer-eine-sichere-und-bezahlbare-energiewende.html

Mit diesem „Aktionsplan“ sollen also quasi Notstandsgesetze erlassen werden, um die Bundesrepublik über- und unterirdisch mit mehrtausend Kilometern neuen Hochspannungs-Gleichstromleitungen zu durchziehen. Dabei bricht der CDU-Minister sogar das persönlich gegebene Versprechen, alle kritischen Orte vorher zu besuchen und mit den Menschen über Alternativen zu reden. Vielen der Trassengegner steht der Sinn aber nach dezentraler Erneuerbarer Energie mit Speichern in der Region, bestimmt jedoch nicht nach noch mehr Kohlestrom per Stromtrasse aus Ostdeutschland oder NRW.

Denn ebenfalls genau jetzt will der Stromkonzern RWE den „Hambacher Forst“ endgültig roden: Ein viele hundert Jahre altes Waldgebiet, ein kleines Stück Restnatur im durch die Kohleindustrie bereits größflächig umgepflügten größten Bundesland. Kein Wunder also, dass viele Menschen dort sprichwörtlich auf die Bäume klettern, sich oben anketten und gegen die geplante Rodung des Ur-Waldes demonstrieren.

An den jetzigen Tagebauplänen sind im Übrigen nicht nur SPD oder CDU schuld, sondern auch die Grünen. Die trugen als Teil einstiger NRW-Landesregierungen Grundsatzbeschlüsse für Hambach oder „Garzweiler II“ mit. Der Westdeutsche Rundfunk kommentierte die „Leitentscheidung 1“ zu diesem Braunkohle-Tagebau im Jahre 1991 so: „Seit heute sind die Grünen eine ganz normale Umfallerpartei.“

Die Bilder vom „Hambi“ erinnern stark an Wackersdorf: Auch dort trugen martialisch ausgerüstete Polizisten Aktivisten weg, schnitten Beamte Ketten mit Bolzenschneidern durch, damit Gleise und Bauzäune WAA-gegnerfrei gemeldet werden konnten. Auch heute solidarisieren sich deutschlandweit Umweltgruppen, Kernkraftgegner und Ökostromaktivist(inn)en mit den Baumhausbesetzern bei Hambach – wie damals in Wackersdorf.

Hoffentlich schauen sich viele Menschen, die sich heute enttäuscht von den einstigen Volksparteien abwenden, den Film „Wackersdorf“ im Kino an und werden wieder selbst politisch aktiv. Das ist die bessere Alternative, statt auf die einfachen Sprüche einer selbst ernannten „Alternative“-Partei hereinzufallen.

Vielleicht entsteht ja sogar eine neue, echte Umwelt- und Friedenspartei. Denn von den einst neuen Grünen hat sich nach eigener Aussage sogar Anna Maria Sturm entfremdet, eine der Haupt-Initiatoren der damaligen Proteste. Sturm ist dennoch heute so politisch wie damals: Sie will selbst einen Protest-Bus von Wackersdorf nach Hambach organisieren. Ein Zeichen des gesellschaftlichen Aufbruchs?

PS: Anna Maria Sturm jun., ihre Tochter, spielt deren Hauptrolle im Kinofilm überzeugend. Umweltbewegung scheint also vererblich.

http://www.wackersdorf-film.de/

 

Autor: Zukunftsenergie-Team Gammel

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